Der Nachlass ist gewaltig. Wertvolle Immobilien, kostbare Gemälde von Albin Egger-Lienz über Egon Schiele bis Gustav Klimt – und exakt fünfzig Prozent der Anteile an Österreichs größter Tageszeitung, der Kronen Zeitung. Als Krone-Gründer Hans Dichand Mitte Juni 2010 im Alter von 89 Jahren verstirbt, wird sein Vermögen auf rund 500 Millionen Euro geschätzt.

Schon damals prognostizierte das Magazin Trend, das Verlassenschaftsverfahren werde viel Zeit in Anspruch nehmen. Die Erbmasse war groß, die Kunstwerke verstreut und die Aufteilung unter den Erben schwierig. Helga Dichand, Hans Dichands Frau, und ihre drei gemeinsamen Kinder Michael, Johanna und Christoph waren im Testament bedacht worden.

Aufgrund der Eintragung im Firmenbuch ist das Erbe nun, fast acht Jahre später, vollzogen: Ende September 2018 wurden Helga und ihre Kinder „im Erbwege zu gleichen Teilen“ als Gesellschafter der Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. im Firmenbuch eingetragen. Sie halten je 12,5 Prozent der Anteile an dem im Krone-Netzwerk zentralen Unternehmen.

Zusammen gehören den vier Erben also 50 Prozent der Anteile, die andere Hälfte an der Krone ist nach wie vor im Eigentum der deutschen Funke-Mediengruppe, einst WAZ (Westdeutsche Allgemeine Zeitung). 1987 waren die Deutschen als Partner eingestiegen, seither kam es immer wieder zu Streit zwischen den Eigentümern. Zankapfel zumeist: eine damals abgeschlossene (und mehrmals, zuletzt 2008, geänderte) Rahmenvereinbarung sowie – für die Dichands vorteilhafte – Syndikatsverträge mit der WAZ.

Jahrelange Rechtsstreitigkeiten

So ließ Dichand sich, seiner Frau und seinen Nachkommen von der WAZ-Gruppe unter anderem eine Gewinngarantie in Millionenhöhe vertraglich zusichern. Das Besondere: Dieser Gewinn sollte auch ausgeschüttet werden, wenn die Krone nicht genug erwirtschaften sollte. 

Im September 2014 wollte die Funke-Gruppe die Rahmenvereinbarung vorzeitig kündigen. Ein Rechtsstreit vor einem Schweizer Schiedsgericht war die Folge. Im Juni 2017 wies das Schiedsgericht die Kündigung durch die Funke-Gruppe als unwirksam zurück. Auch die zweite Instanz, das Schweizer Bundesgericht, wies die nachfolgende Beschwerde der Funke-Gruppe gegen die Entscheidung des Schiedsgerichts ab, wie Die Presse Anfang des Jahres berichtete.

Wie wenig die „Krone“-Gesellschafter miteinander können, stellte vergangenes Jahr auch ein österreichischer Richter in einem Prozess vor dem Arbeitsgericht fest. „Dass Gesellschafter eines Unternehmens so widerstrebende Interessen haben, kommt selten vor“, wird der Richter, der über das Dienstverhältnis eines Krone-Geschäftsführers zu entscheiden hatte, im Standard zitiert.

Mit der nun vollzogenen Erbschaft könnte erneut Bewegung in die zerrüttete Geschäftsbeziehung kommen. Interessenten an der Kronen Zeitung dürfte es Zeitungsberichten nach viele geben. Bei der Funke-Gruppe hält man sich noch bedeckt. Auf DOSSIER-Anfrage heißt es vonseiten des Medienkonzerns lediglich: Im Moment äußere man sich nicht dazu.

Eine Anfrage an Krone-Herausgeber Christoph Dichand, welche Auswirkungen die geänderte Gesellschafterstruktur auf die Strategie der Krone habe, blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.