Text: Ashwien Sankholkar; 19.02.21

Am Anfang ging es um die Steuer. In Interviews hatte Dietrich Mateschitz felsenfest behauptet, dass er und sein Red-Bull-Konzern das Welteinkommen in Österreich versteuern und abgabenoptimierende Konstrukte ablehnen würden. Eine klare Ansage. Grund genug für einen DOSSIER-Faktencheck, bei dem wir auf einige rote Fahnen stießen – nachzulesen in unserem neuen Magazin „Red Bull – Ungesüßte Geschichten“.

Ein Wirtschaftsjournalist startet eine solche Recherche mit einem Blick in den Konzernabschluss des Unternehmens. Dort werden die konsolidierten Bilanzzahlen zusammengefasst, die Gewinn-Verlust-Rechnung dargestellt sowie die Steuerbelastung der Firmengruppe ausgewiesen. Große Unternehmen wie Red Bull sind gesetzlich verpflichtet, diese Konzernergebnisse offenzulegen. Die erste Überraschung: Die Red Bull GmbH veröffentlichte keinen Konzernabschluss. Seit Firmengründung im Jahr 1987 wurde im für die Red Bull GmbH zuständigen Firmenbuch am Landesgericht Salzburg keine Konzernbilanz hinterlegt. Zwar wurden regelmäßig die Jahresabschlüsse der Red Bull GmbH publiziert, doch die Konzernzahlen blieben ein Geheimnis.

Red Bull ignorierte die Transparenzverpflichtung und machte sich selbst zur Ausnahmeerscheinung im Firmenbuch.

In der Öffentlichkeit wurde das stillschweigend akzeptiert. „Red Bull mit Rekordgewinn 2019“, titelte die Nachrichtenagentur APA am 20. November 2020. „Mateschitz erhielt 200 Millionen Euro Gewinnausschüttung plus Sonderdividende von 142 Millionen Euro.“ Die Zahlen stammten aus dem Jahresabschluss für 2019. Zitat aus dem APA-Bericht: „Das Unternehmen ist bei wirtschaftlichen Themen verschwiegen und veröffentlicht keinen Konzernabschluss.“ Doch dürfen sie das? Eigentlich nicht.

Deshalb schrieb DOSSIER am 30. November 2020 einen Brief ans Firmenbuchgericht Salzburg mit der Anregung um „Offenlegung aller Konzernabschlüsse der Red Bull GmbH bis einschließlich Geschäftsjahr 2019“. Das unter der Geschäftszahl 45 Fr 100088/20t-5 registrierte Schreiben hatte Folgen. Die Red Bull GmbH und ihr Alleingeschäftsführer Dietrich Mateschitz wurden vom Gericht zur Stellungnahme aufgefordert. Die ertappten Bullen reagierten ohne Umschweife. Die Firmendokumente würden nun in der öffentlichen Urkundensammlung vorliegen, wie das Firmenbuchgericht in einem an DOSSIER gerichteten Schreiben vom 5. Jänner 2021 mitteilte.

Einen ähnlichen Antrag stellte DOSSIER am 4. Dezember 2020 betreffend die Distribution & Marketing GmbH (D&M). Diese Gesellschaft steht im Alleineigentum von Dietrich Mateschitz und fungiert als eine Art Family Office des reichsten Österreichers. Die D&M verwaltet den privaten Immobilienbesitz (Häuser, Schlösser, Wohnungen, Wälder, Wiesen und Wasserquellen), steuert die Tourismusholding Tauroa mit Gasthäusern, Restaurants und Hotels und kümmert sich um das Projekt Spielberg rund um das Formel-1-Business. Die Cashcow der D&M ist der 49-Prozent-Anteil an der Red Bull GmbH, die seit 2017 mehr als 1,3 Milliarden Euro an Dividenden hereingespült hat. Die Vermögenssituation der D&M war bisher Gegenstand von Spekulationen. Im Firmenbuch fand sich wenig. Nur die Bilanz wurde veröffentlicht, eine Gewinn-Verlust-Rechnung oder ein Lagebericht wurden ausgespart. Ein unter der Aktenzahl 24 Fr 5538/20x-8 registrierter DOSSIER-Antrag setzte auch dieser Praxis ein Ende. Ähnlich wie die Red Bull GmbH wurde auch die D&M zur Veröffentlichung eines Konzernabschlusses aufgefordert, wie DOSSIER am 25. Jänner 2021 mitgeteilt wurde. Das war nach Redaktionsschluss des Red-Bull-Magazins.

Auch die Analyse des D&M-Konzernabschlusses für das Jahr 2019 lieferte interessante Informationen. So zahlte die D&M mit ihren 456 Beschäftigten schlanke 30.664,45 Euro Steuern vom Einkommen und vom Ertrag. Das ist nicht gerade üppig für einen vermögenden Privatkonzern, der rund 860 Millionen Euro an Wertpapieren besitzt und über rund 356 Millionen Euro Cash am Bankkonto verfügt. Die Red Bull-Firmengruppe hingegen lieferte im Jahr 2019 bei einem Konzerngewinn von 1,26 Milliarden Euro stolze 326,5 Millionen Euro an den Fiskus ab, wie aus dem Konzernabschluss hervorgeht. Weitere spannende Details lesen Sie im neuen Magazin „Red Bull – Ungesüßte Geschichten“.